Die Taufe und der Weg dorthin
Taufangebote für Menschen mit Migrationshintergrund – was ist zu bedenken in der Vorbereitung, der Begleitung und für den Taufgottesdienst?
Für Menschen, die nach Deutschland eingewandert sind, gibt es unterschiedliche Gründe und Wege, sich taufen zu lassen. Wer schon im Namen des dreieinigen Gottes getauft ist, muss diese Taufe nicht wiederholen. Die evangelische Kirche erkennt Taufen in anderen Kirchen in vielen Fällen an. Gegen alle immer wieder geäußerte Skepsis: Natürlich ist es richtig, Menschen gleich welcher Herkunft, die die Taufe wünschen, willkommen zu heißen, zu unterrichten und zu taufen (Matthäus 28, Verse 18-20; Apostelgeschichte 8, Verse 26-39).
Die zitierte Äußerung von Flor Namdar, selbst aus dem Iran stammend und baptistische Pastorin, erinnert an ein nahe liegendes Missverständnis für Menschen mit muslimischem Hintergrund. Taufe geschieht ein für alle Mal, ist keine wiederholbare rituelle Waschung.
„Das geht sehr vielen Muslimen so. Sie verwechseln die christliche Taufe mit den rituellen Waschungen des Islam. Wer gewaschen ist, ist rein, alles, was falsch lief, ist vergeben und vergessen, und man kann sich wieder wie gehabt ins Leben stürzen, bis dann die nächste Waschung fällig ist. Dass die christliche Taufe ein einmaliger Akt ist, ein äußeres Zeichen der unsichtbaren Gnade Gottes und ein Symbol der inneren Umkehr des Täuflings – das ist ihnen nicht bewusst.“ (Flor Namdar: Liebe statt Furcht. Muslimin. Atheistin. Pastorin. Mein langer Weg in die Freiheit, 255 Seiten, Asslar 2017, S. 235f)
Oft wird aus dem Asylverfahren ein besonderer Zeitdruck auf den Taufunterricht und den Zeitpunkt der Taufe abgeleitet (vgl. Material > Handreichungen). In aller Regel ist eine gut geplante Vorbereitung und Durchführung der Taufe der bessere Weg für alle Beteiligten gegenüber einer natürlich immer auch in Ausnahmesituationen möglichen „Nottaufe“. Eine „Taufe to go“ würde ein bedenkliches Signal aussenden in die betroffene Gruppe selbst, aber auch an die, die für die ordnungsgemäße Durchführung der Asylverfahren zuständig sind. Taufbewerber, Pfarramt und Gemeinde können sich gegenseitig kennenlernen während der Zeit eines gut geplanten Glaubenskurses. Falls ein pfarramtliches Zeugnis für das Asylverfahren erbeten wird, ist dieses umso aussagekräftiger, je mehr es über das Engagement in der Gemeinde sagen kann.
Für die Taufvorbereitung haben sich bestimmte Glaubenskurse unterschiedlicher Länge, die mittlerweile auf Deutsch, Farsi und in anderen Sprachen vorliegen, in der Praxis bewährt. Ein Konzept ganz oder in Teilen zu übernehmen, ist gut, weil es die Ernsthaftigkeit der Taufvorbereitung unterstreicht und Gelegenheit gibt, Taufbewerber und –bewerberinnen während der Taufvorbereitung in der Gemeinde zu begleiten und ihnen zu helfen, eigene Worte und Sprache für ihren Glauben zu finden. Es kann befreiend sein, zu erfahren, dass Gott auch in der Muttersprache angeredet werden darf. Gut ist es, wenn langjährige Gemeindeglieder als Gesprächspartner am Glaubenskurs mit teilnehmen können. Für muslimische Taufbewerber ist die Freiheit des christlichen Glaubens nach evangelischem Verständnis oft ein wichtiges Motiv. Auch elementare Fragen christlicher Dogmatik wie die der Dreieinigkeit Gottes sind ein wichtiges Thema. Eine besondere Chance bietet ein Taufkurs, wenn er ein oder mehrere christliche Feste einschließt. Wichtig ist es auch, ein Grundwissen christlichen Glaubens zu schaffen. Das ist ein persönlicher Schatz, hilft aber auch, im Asylverfahren Auskunft zu geben.